Zuschneiderei und Expedition
Umbau des Foyers und Konferenzbereichs
Benecke-Kaliko AG
Hannover-Vinnhorst
2016-2018
Im Mai 2018 feierte Benecke-Kaliko sein 300jähriges Firmenjubiläum. Das hannoversche Unternehmen entstand als Wachstuchfabrik, war in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bekannt für seine „Acella“-Duschvorhänge und produziert seit einigen Jahrzehnten Folien und Laminierungen, in erster Linie für die Innenausstattung von Automobilien. Heute ist die Benecke-Kaliko AG als Teil der Benecke Hornschuch Surface Group eine hundertprozentige Tochter der Continental AG.
Bereits Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Firmenstandort vom Judenkirchhof in der Nordstadt nach Vinnhorst verlegt und ein großes, mittlerweile denkmalgeschütztes Werksgebäude errichtet, das in den folgenden Jahrzehnten kontinuierlich erweitert und im Inneren umgebaut wurde. Dieses gründerzeitliche Backsteingebäude beherbergte in der Nähe der Hauptzugänge im Erdgeschoss einen Veranstaltungs- und Vortragsraum aus den 1950er Jahren, das sogenannte Empfangsstudio, das in einem eingeschossigen Werkstatt-Anbau aus dem Jahr 1907 untergebracht war.
Durch mehrere bauliche Überformungen aus den letzten Jahrzehnten präsentierte sich diese frühere „Zuschneiderei" bis zum Umbau 2018 als hermetisch geschlossener, ausschließlich künstlich belichteter Raum mit eingeschränkter Aufenthaltsqualität.
Durch den grundlegenden Umbau sollte ein zeitgemäßer, teilbarer und multifunktional nutzbarer Konferenzbereich entstehen, die heute wieder so genannte Zuschneiderei.
Das dem Studio vorgeschaltete Foyer war als Teil des Treppenraumes – und somit als Rettungsweg – nur bedingt nutz- und möblierbar. Dieser Bereich – in alten Plänen als die „Expedition" des Betriebes bezeichnet – sollte die Doppelfunktion als repräsentatives Entree und als Lounge des Konferenzbereichs erfüllen. Außerdem sollte ein weiterer Besprechungsraum für 6 bis 8 Personen abgetrennt werden, für den heute wieder der alte Name Expedition verwendet wird.
Unsere funktionale und gestalterische Grundidee bestand in der konsequenten Öffnung des Studios, einer Entkernung und Freilegung der bauzeitlichen Strukturen. Die Lisenen-Backsteinpfeiler wurden wieder sichtbar gemacht und stellen als geschlämmtes Mauerwerk den Bezug zur denkmalgeschützten Außenhülle des Gebäudes her. Durch Abbruch und Neuerrichtung von Trennwänden wurde die raumbildende Pfeileranordnung an zwei Seiten freigestellt und das Foyer L-förmig erweitert. Der Raumabschluss des Foyers erfolgte mit neuen, raumhohen Glaselementen in filigranen Profilen.
Die alte Zuschneiderei verfügte über drei Glasdächer, von denen noch eines in Originalform über dem abgetrennten Technikraum erhalten ist. Um den Konferenzbereich wieder natürlich belichten zu können, wurden nun in zwei Deckenfelder der bauzeitlichen Stahlträgerdecke zwei neue Lichtdächer eingeschnitten. Um Belichtung und Durchblick nicht zu beeinträchtigen, wurde auch die Expedition mit Glaswänden vom Foyer abgetrennt.
Sämtliche Lichtdächer und Verglasungen sind mit Sichtschutz- und Verdunkelungsjalousien ausgestattet.
Die Nord- und Ostwand der Zuschneiderei erhielt eine Vorsatzschale mit veredelter Oberfläche für Beamer-Projektionen.
In der Mittelachse ist eine schallschutztechnisch wirksame, mobile Raumtrennwand platziert, die sich wandbündig parken lässt. Vorsatzschalen und Raumtrennwand wurden mit Magnettafelfunktion für Gruppenarbeiten ausgestattet.
Durch klapp- und stapelbare Möblierung lässt sich die Zuschneiderei flexibel als Konferenz- und Besprechungsräume oder als Seminar- und Veranstaltungssaal nutzen, der je nach Bestuhlung bis zu ca. 50 Personen aufnehmen kann.
Das nicht benötigte Mobiliar findet Platz in einem abgetrennten, zweiseitig erschlossenen Lagerraum; in der Zuschneiderei selbst sind zwei Wandschränke für kleinteiliges Technik- und Seminar-Zubehör eingebaut.
Auf dem Flachdach der Zuschneiderei wurde die neue Lüftungszentrale installiert.
Durch die freigestellten Pfeiler und die Glaswände - sie ermöglichen diagonale Durchblicke - erhielt das Foyer eine neue, transparente Großzügigkeit und einen zweiseitigen Tageslichteinfall.
Die Pfeilernischen können für Caterings möbliert werden; außerdem steht ein Klapp-Wandboard zur Verfügung. Als ständige Möblierung ist nur eine Hockergruppe vor dem neuen Großbildschirm vorgesehen; bei Bedarf kann das Foyer mit Stehtischen möbliert werden.
Möglich wird diese Foyernutzung durch eine Brandschutztür mit Feststellanlage, die den Treppenraum vom Foyer abschottet. Die Türanlagen der beiden Eingangs-Windfänge wurden im Zuge der Umbaumaßnahmen in Abstimmung mit dem Denkmalschutz ebenfalls ersetzt.
Zwei wichtige, raumprägende Gestaltungsmerkmale kennzeichnen Boden und Decke:
Im neuen hellgrauen Spachtelbelag des Foyers mit seiner „veredelten Industrieanmutung“ sind schräg verlaufende schlanke Edelstahl-Profile sichtbar: Diese Linien zeichnen die sich hier kreuzenden Wegstrecken nach, versinnbildlichen das Netzwerk eines weltweit agierenden Unternehmens („Expedition"), können aber auch als Schnitt- oder Prägemuster gedeutet werden („Zuschneiderei").
Die Meeting- und Konferenzbereiche sind mit einem hellgrauen, elastischen Kautschukbelag belegt.
Die weiße Akustikdecke läuft hingegen wandparallel in einer Richtung und betont mit ihren unterschiedlich breiten, durchlaufenden Profilfugenabständen den räumlichen Zusammenhang zwischen Foyer, Zuschneiderei und Expedition. Lichtelemente und Lüftungs-Schlitzdurchlässe sind linear und bündig integriert, um eine ruhige Gesamtwirkung trotz rhythmisierter Plattenbreiten zu gewährleisten. Die Decke erinnert an ein Barcode-Muster, das hier für Kommunikation, Informationsaustausch und Präzision steht.
Die eisengrauen, glatten Holztürelemente nehmen Bezug zur vorhandenen Farbgebung im Gebäude und unterstreichen die kühl-sachliche Anmutung. Der mittelgrau gefasste Körper der – ebenfalls umgebauten – WC-Anlage wiederum schafft als dunkler Hintergrund eine angenehme Aufenthaltsqualität in Foyer und Meeting-Raum; die melonengelbe Farbigkeit der Möblierungselemente greift die CI-Farbe der Konzernmutter Continental auf und setzt wichtige Farbakzente.
Bauherrin
Benecke-Kaliko AG
Benecke-Hornschuch Surface Group
Continental AG
Nutzfläche
268 m²
Fotos: Klemens Ortmeyer
Visualisierung: Jan Philipp Drude